Kolumne 35

Von Pfützen, Blumenzwiebeln und...

 

„Sei frech, wild und wunderbar.“

 

Astrid Lindgren, schwedische Schriftstellerin, 1907–2002

 

 

Der Herbst ist die Zeit der Pfützen. Gut, dass es sie gibt, denn Pfützen sind wichtige Biotope. Hier wimmelt es von Mikroorganismen, Einzellern und Würmern. Die wiederum sind wichtige Nahrungsquellen für andere Tiere, wie z.B. Schnecken, Insekten, Amphibien, Reptilien oder gar Urzeitkrebse. Und Schwalben bauen aus dem feuchten Lehm der Pfützen ihre Nester.

 

Wir haben zwar keine Schwalben im Garten, aber Pfützen entstehen auf unserem Rasen immer bei stärkeren Regengüssen. Streckenweise haben wir einen sehr lehmigen Boden, und so sammelt sich schnell das Regenwasser zu einem temporären Kleingewässer. Käfer, Schmetterlinge und Bienen bedienen sich sehr gerne an diesen natürlichen Wasserstellen. Es muss eben nicht immer ein Teich sein, um durstige Gartenbesucher zufriedenzustellen.

 

 

Für unseren Hund Henk ist jede Pfütze ein Riesenspaß. Immer mittendurch ist seine Devise, und – egal wie schlammig – ein guter Schluck aus jeder Pfütze muss sein. Jede Pfütze schmeckt halt anders. Und natürlich sind Pfützen auch für viele Kinder Spaßmacher und Freudebringer.

 

 

Das kleinste Gewässer der Welt ist aber – man ahnt es fast in unserer modernen Welt – vom Aussterben bedroht. Unsere stark versiegelten Städte, öffentliche Flächen wie Parkplätze, Lagerflächen, asphaltierte Wege und Plätze verhindern das natürliche Entstehen von Pfützen. Mehr Mut zur Entsiegelung und mehr Wildnis wagen ist hier die Lösung.

 

Das gilt natürlich auch für unsere Gärten. Gerade hier sollte man darauf achten, dass nicht zu große befestigte Flächen entstehen.

 

 

„Nasser November

 

Ziehen Sie die ältesten Schuhe an,

die in Ihrem Schrank vergessen stehn!

Denn Sie sollten wirklich dann und wann

auch bei Regen durch die Straßen gehn.

 

Sicher werden Sie ein bisschen frieren,

und die Straßen werden trostlos sein.

Aber trotzdem: gehn Sie nur spazieren!...

Und, wenn`s irgend möglich ist, allein.

 

Müde fällt der Regen durch die Äste.

Und das Pflaster glänzt wie blauer Stahl.

Und der Regen rupft die Blätterreste.

Und die Bäume werden alt und kahl.

 

Abends tropfen hundertausend Lichter

zischend auf den glitschigen Asphalt.

Und die Pfützen haben fast Gesichter.

Und die Regenschirme sind ein Wald.

 

Ist es nicht, als stiegen Sie durch Träume?

Und Sie gehn doch nur durch eine Stadt!

Und der Herbst rennt torkelnd gegen Bäume.

Und im Wipfel schwankt das letzte Blatt.

 

Geben Sie ja auf die Autos acht.

Gehn Sie, bitte, falls Sie friert, nach Haus!

Sonst wird noch ein Schnupfen heimgebracht.

Und, ziehn Sie sofort die Schuhe aus.“

 

Erich Kästner, deutscher Schriftsteller und Publizist, 1899–1974

 

 

Nach dem sonnigen und warmen Oktober laufen wir jetzt in den regenreichen November ein. Der Boden ist schön locker aber noch nicht so eisekalt. Der richtige Zeitpunkt also für freudiges Blumenzwiebelstecken – möglichst verschwenderisch und zügellos, finde ich. Nur so bekommen wir diesen mitreißenden Effekt an Fülle und Farbe im nächsten Frühjahr in unsere Beete oder Pflanzgefäße.

 

Ohne Allium geht bei mir gar nichts. Jedes Jahr setzte ich neue Sorten dazu. Alliumzwiebeln vermehren sich übrigens von alleine. Sie entwickeln Brutzwiebeln. Die haften an der Mutterzwiebel und lassen sich einfach davon trennen. Dazu muss man sie allerdings ausbuddeln. Ich lasse alle Zwiebeln immer ungestört ihr Ding machen. Buddel sie also nicht aus und wieder ein, um sie zu vermehren.

 

 

Ein weiteres Muss sind Tulpen in unserem Garten. Im Grunde genommen: in jedem Garten. Hier setzte ich jedes Jahr die Sorten nach, die mir besonders wichtig sind. Weil: etwas Schwund ist bei Tulpenzwiebeln immer.

 

Tolle Sorten sind: Black Hero, Green Wave und Hollywood. Herausragend finde ich: La Belle Epoque, Queen of Night und White Dream. Meine Empfehlung: Setzen Sie die Zwiebeln im Abstand von 15 bis 20 Zentimeter sortenrein, wie ein Pinselstrich in einer leichten Welle.

 

Beim Setzen von Zwiebeln gilt die Faustregel: das Pflanzloch doppelt so tief ausheben, wie die Zwiebel dick ist. Blumenerde ist beim Verbuddeln übrigens nicht nötig. Bei lehmigen Böden ist das Beisetzen von Sand ganz empfehlenswert.

 

Und wenn wir alles verbuddelt haben, zieht sich die Natur in ihr winterliches Refugium zurück – die schwerste Zeit für Gärtner und Gärtnerinnen, die so gerne in der Erde buddeln und sich so in der Zeit verlieren.

 

 

„Und alle Leben, die wir je gelebt haben, und alle Leben, die noch kommen, sind voller Bäume und wechselnder Blätter.“

 

Virginia Woolf, britische Schriftstellerin und Verlegerin, 1882–1941

 

 

„Laßt uns pflanzen und fröhlich sein,

denn im nächsten Herbst sind wir vielleicht alle ruiniert.“

 

Vita Sackville-West, englische Schriftstellerin und Gartengestalterin, 1892–1962

 

 

Herzlichst

Margit Müller-Vorländer